Heida: Die Perle der Alpenweine.

Chardonnay ist überall. Die weisse Rebsorte wird aller- orten kultiviert. Das macht die «Marke» zwar in breiten Konsumentenkreisen populär, aber auch austauschbar. Viele Weine schmecken banal, meist dominiert von einer zu intensiven Holzaromatik, meist zu fett, meist zu wenig frisch. Das Schöne in der Weinwelt besteht darin, dass man ausweichen kann. Für jeden Geschmack gibt es etwas, und unzählige, zum Teil wenig bekannte und oft unterschätzte Sorten sorgen für Abwechslung sowie eine beeindruckende Vielfalt.

Diesbezüglich ist das Wallis ein Eldorado. In dem mit fast 5000 Hektaren Rebfläche grössten Anbaugebiet der Schweiz werden mehr als 50 anerkannte Varietäten angebaut. Neben den allseits bekannten Chasselas, Pinot noir und Gamay findet der Geniesser etliche sogenannt autochthone oder einheimische Sorten. Bei den Roten seien der hochwertige Cornalin oder der ausdrucksstarke Humagne Rouge, bei den Weissen der Petite Arvine mit seinem leicht salzigen Abgang, der vielseitige Amigne oder der geschichtsträchtige Heida erwähnt. Aus diesen Trouvaillen werden nicht alltägliche, einzigartige Weine von verschiedenen Terroirs gekeltert. Da eröffnen sich spannende Welten abseits des Mainstreams!

Zu den Beispielen mit einer grossen Tradition zählt der Heida, der im Wallis erstmals 1586 in Visperterminen unter der Bezeichnung «Heyda» erwähnt wurde. Der Name wird heute im Oberwallis gebraucht, während im französisch sprechenden Unterwallis Païen verwendet wird. Die Sorte ist mit dem aus dem französischen Jura stammenden Savagnin Blanc identisch. Daher wird der Nordosten Frankeichs auch als einer der möglichen Herkunftsorte vermutet.

Zu Berühmtheit ist «die Perle der Alpenweine», wie der Heida gerne bezeichnet wird, vor allem dank dem Anbaugebiet in Visperterminen gelangt. Die spektakulären, terrassierten Rebberge liegen bis auf 1150 Metern über Meer. Hierzulande geht es für den Weinbau nirgends höher hinauf. Aber ausserhalb der Schweiz gibt es in Spanien mehrere Rebberge, die unser Land überflügeln und über 1300 Meter liegen. Auf jeden Fall braucht Heida gute Lagen, damit er perfekt ausreifen kann. Weitere wesentliche Vorzüge: Die Trauben sind kleinbeerig, und die Sorte ist ertragsarm. Heute sind im Wallis rund 120 Hektaren damit bestockt; Tendenz steigend.

Peter Keller ist Weinredaktor der NZZ am Sonntag und führt regelmässig Weinseminare für die Leser durch. Zudem arbeitet der Weinakademiker für den Coop-Weinclub Mondovino, wo er für das Raritäten-Sortiment aussergewöhnliche Trouvaillen selektioniert.